Schierholz
Die von Schierholz'sche Porzellanmanufactur ist eng mit Plaue verbunden, war sie doch 180 Jahre lang Wirtschaftsfaktor Nr. 1 der Stadt. Damit war sie nicht nur Lebensunterhalt für die meisten Plaueschen, sondern auch gesellschaftlicher und kultureller Mittelpunkt in verschiedenen Gesellschaftssystemen und Eigentumsverhältnissen.
Wurde zu Beginn im Jahre 1816 hauptsächlich Gesundheitsgeschirr hergestellt, spezialisierte man sich im Laufe der Zeit auf Haushalts- und Zierporzellan. Namhafte Bildhauer modellierten Jugendstil-, Barock- und Rokokofiguren und -gefäße in hoher Qualität. In Spitzenzeiten hatte das Unternehmen ca. 400 Beschäftigte.
Firmennachfolger Arthur Schierholz wird 1894 für seine wirtschaftlichen Leistungen in den Adelsstand erhoben, denn seine Familie betrieb in Plaue noch andere Unternehmen wie die 1852 gegründete Brauerei, in der bis 1972 das Burg-Bräu gebraut wurde. Auch die Mineralquellen mit der Kaiser-Günther-Quelle und der Karl-Marien-Quelle wurden zur selben Zeit wirtschaftlich erschlossen.
1896 gründete die Familie von Schierholz ein Kinderheim, in dem die Kinder der Beschäftigten tagsüber betreut wurden. Später hieß es Kindergarten, der bis zum Jahre 2003 in der Schützenstraße durch die Stadt betrieben wurde. Mangels Fläche für einen weiteren Anbau wurde ein größeres Gebäude an anderer Stelle errichtet.
In den wirtschaftlich schwierigen Zeiten während des 2. Weltkrieges wurde bis 1952 neben dem Zierporzellan wieder Apothekerporzellan hergestellt. 1950 erfolgte die Umstellung des Betriebes in „staatliche Verwaltung ausländischen Eigentums“ – ein Direktor wird als staatlicher Treuhänder eingesetzt. In dieser Zeit widmete man sich wieder der in Vergessenheit geratenen Lithophanien-Herstellung in Form von Fensterbildern und Lampenschirmen, deren durchscheinendes Porzellan im Licht zur Geltung kommt. Erst 1972 wird die Porzellanmanufactur volkseigener Betrieb – also verstaatlicht. Im Zuge dessen erfolgt eine Erweiterung und Modernisierung des Betriebes mit Einführung einer neuen Brenntechnologie.
Nach der politischen Wende im Jahre 1989 wird das Unternehmen an die 6. Generation der Familie von Schierholz rückübertragen – von den bisherigen 220 Beschäftigten blieben nur noch 80 übrig.
Die bisherigen Produkte fanden nun keinen Absatz mehr wie zu DDR-Zeiten, in denen billig für das kapitalistische Ausland produziert wurde – man spezialisierte sich nun auf die Herstellung von Repräsentationsgeschenken aus Porzellan mit ca. 40 Beschäftigten. Ein beliebtes Modell war damals die Dresdener Frauenkirche.
Leider reichte dies für ein Bestehen der Firma am Markt nicht aus und es folgte die Schließung am Standort Plaue. Die noch verbliebenen 20 Beschäftigten mussten nach Volkstedt bei Rudolstadt in die „Aelteste Volkstedter Porzellanmanufactur“ wechseln, die heute die älteste der noch produzierenden Porzellanmanufakturen Thüringens ist. So fand das Schierholzporzellan neben weiteren Thüringer Porzellanmanufakturen eine neue Heimat. Somit war die lange Tradition der Porzellanherstellung in Plaue beendet. www.die-porzellanmanufakturen.de
Erinnern an den Standort in Plaue tun nur noch die ehemaligen Fabrikgebäude, die dem Verfall preisgegeben sind. Das ehemalige Verwaltungsgebäude fiel 2008 einem Brand durch Blitzeinschlag zum Opfer, die ehemalige Wohnstätte der Familie von Schierholz in Form eines Schlosses wurde 1987 nach dessen Verfall auf staatliche Anweisung hin abgerissen. Auch die Brauerei und die Mineralquellen sind dem Verfall preisgegeben, nachdem geschäftstüchtige Investoren und Glücksritter die rückübertragenen Unternehmen in Grund und Boden gewirtschaftet haben.
Nur das Wahrzeichen der Stadt Plaue – die Ehrenburg – trotzt seit ihrer Errichtung allen Unbilden der Zeit. Im Jahre 1913 erwirbt Kammerherr von Schierholz die Ruine Ehrenburg unter der Auflage, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nach der Instandsetzung wird eine Gaststätte darin eingerichtet, die bis 1988 betrieben wurde.
Heute befindet sich die Ehrenburg wie alle ehemaligen Liegenschaften in Plaue nicht mehr im Besitz der Familie von Schierholz. Eine 200-jährige Familientradition, die mit Plaue eng verbunden war, ging damit zu Ende. An die Familie von Schierholz erinnert heute nur noch eine Familiengruft auf dem Friedhof, deren Umfeld vom plaueschen Traditionsverein gepflegt wird.